vollehalle macht Pause
Ende Januar waren wir zu Gast beim Stadtwerke Innovation Day in Lübeck. Wieder einmal haben wir gemerkt, was für ein besonderer Moment zwischen den Menschen vor und denen auf der Bühne und der Leinwand entstehen kann, wenn man Geschichten des Gelingens und des Aufbruchs erzählt. Nichtsdestotrotz haben wir uns entschieden, eine Pause einzulegen.
Wir halten kurz inne, um tief in uns hineinzuhorchen, wie eine Erzählung im Jahr 2024 aussehen kann, die jene erreicht, die sich bereits auf den Weg gemacht haben – genauso wie diejenigen, die wissen, dass der Wandel unausweichlich ist, sich aber noch schwer damit tun. Wir glauben weiter an das, was der amerikanische Architekt und Systemtheoretiker Buckminster Fuller gesagt hat: „Sie ändern niemals Dinge, indem Sie die bestehende Realität bekämpfen. Um etwas zu ändern, bauen Sie ein neues Modell, das das vorhandene Modell veraltet macht.“ Insofern fragen wir uns gerade: Wie kann man noch mehr Menschen für dieses Neue, Unbekannte begeistern, dessen Formen sich in den kommenden Jahren erst beim Experimentieren, Scheitern und Weitermachen konkretisieren werden?
Und weil wir auf dieses Experimentieren selbst so viel Lust haben, machen wir im Moment einfach einzeln weiter. Maren steht vor und hinter Kameras und arbeitet daran, mit Poesie und Kunst die Sinne zu öffnen. Martin ergründet in seinem neuen Podcast „Express Change“, wie Kunst dabei helfen kann, Lust auf das Neue zu machen. Und sein Film über Wellbeing Economies hat im Sommer Premiere. Michael hat gemeinsam mit anderen im vergangenen Jahr das Buch „Die Verkehrswesen“ geschrieben, in dem er für Verständnis wirbt für alle, die auf der Straße unterwegs sind, und dazu ermuntern will, sich mit Halleluja statt mit Hupen zu begegnen. Jetzt schreibt er am Buch mit dem Arbeitstitel „High-Tech und Hippies – wie Deutschland die Solarenergie groß gemacht hat“. Und Kai trommelt auf der Bühne dafür, sich als lebendiger Teil des Organismus namens Zivilgesellschaft zu begreifen.
Wie es mit vollehalle weitergeht, ist noch ungewiss. Umso gewisser sind wir darin, dass die Zeit nie reifer war dafür, Optimismus und Hoffnung zu stiften. Verzagtheit, Sorgen und Gezeter gibt es da draußen schon genug.
vollehalle von Erlangen bis Röbel – die Hoffnungsmaschine auf Tour
vollehalle ist inzwischen sechs Jahre alt. Im September 2017, zwei Tage vor der damaligen Bundestagswahl, fand die Premiere unseres ersten Programms statt. Bis heute hat sich an einer grundlegenden Idee nichts geändert: vollehalle ist für uns eine Hoffnungsmaschine, die uns nicht nur dabei hilft, unsere eigenen Gedanken zu sortieren und auch dort nach Hoffnung zu suchen, wo alles in einem dichten Nebel zu verschwinden droht. Sie bringt uns auch in Kontakt mit Menschen, die wie wir der Überzeugung sind: Es ist schon alles schwer genug. Da wird es nicht leichter, wenn man sich im eigenen Gram verbuddelt.
Zu Gast auf Journalismus-Festivals
Und so waren wir in den vergangenen Wochen quer durch die Republik auf Hoffnungsmontage. Wir waren zu Gast in Erlangen, sind vormittags vor Schulklassen in Röbel aufgetreten und abends in einem schnuckeligen Amphitheater. Wir waren in einem Bonner Kino im Rahmen des ersten Festivals für konstruktiven Journalismus und haben in Berlin das erste Festival für gemeinnützigen Journalismus eröffnet, ausgerichtet von VOCER, einem Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Medien nicht nur zu kritisieren, sondern auch zu zeigen, wie es besser gehen kann. Wir würden sagen: Da parken unser beider Autos in derselben Garage. Elektroautos, versteht sich.
Zuspruch und Kritik
Wir freuen uns sehr über den Zuspruch, den wir in den vergangenen Wochen erfahren haben, genauso wie über die Kritik, die uns erreicht hat. Denn das große Glück, das uns vollehalle beschert, besteht auch darin, dass wir mit jedem Kilometer, den wir damit zurücklegen, ein bisschen mehr darüber lernen, wie man so von einer zunehmend aus den Fugen geratenden Welt sprechen kann, dass Menschen das Gefühl haben, selbst in der Spur zu bleiben. Für uns gibt es gerade nichts Bedeutsameres. Die nächste Montage ist daher glücklicherweise bereits verabredet: Ende November gastieren wir in Hannover. (Fotos: Bettina Koch, Anke Phoebe Peters, Jörn Paessler, privat)